Ursprünglich veröffentlichte ich während meiner Vorbereitungszeit
auf meinen ersten Barfuß-Marathon mein Trainingstagebuch, weil es
Menschen gab, die meine Fortschritte und Rückschläge verfolgen wollten.
Später fasste ich die Texte zusammen und kürzte sie sinnvoll.
Warum ich mich überhaupt auf den Weg begab, diesen Marathon in dieser
Form zu laufen, lag daran, dass ich selber verschiedene Theorien in der
Praxis überprüfen wollte. Zum einen wollte ich wissen, wie es sich
anfühlt, eine große sportliche Leistung zu erbringen, wenn ich mich nur
von vaganer Rohkost ernähre. Ob ich es als „Graslutscher“ ohne ein
„ordentliches Stück Fleisch“ überhaupt schaffe, auf den Beinen zu
bleiben. Ich wollte auch wissen, wie sich mein veränderter Wasserhaushalt im Ausdauersport verhält.
Hauptsächlich wollte ich jedoch barfuß laufen, bzw. auf Huaraches
(hier: Luna Sandals). Ich war überzeugt, dass es funktionieren würde.
Dass ich mich länger und intensiver vorher auf die korrekte
Barfuß-Lauftechnik hätte vorbereiten sollen, habe ich erst später
erkannt. Einfach die Schuhe ausziehen (auch wenn es bereits Barfußschuhe
waren) reicht definitiv nicht aus, um verletzungsfrei durchzukommen.
Zwar hatte ich mich coachen lassen, aber es stellte sich heraus, dass
ich es noch so sehr verinnerlicht hatte, um diese vielen, langen
Strecken in dieser Geschwindigkeit zu laufen. Dazu aber später mehr.
Jetzt erstmal viel Spaß.
Ein bisschen Statistik für die Zahlenliebhaber*innen
- Marathon: Rhein-Ruhr-Marathon in Duisburg
- Datum: 05. Juni 2016
- Trainingsbeginn: 15. März 2016
- Trainingseinheiten: 39
- Kilometer: 645,6 km
- Zeit: 65 Stunden 50 Minuten
Das Ergebnis des Marathons folgt weiter unten, wegen des Spannungsbogens.
Vorbereitungsphase
Ich habe festgestellt, dass es sich hier wieder um ein perfektes
Übungsfeld handelt, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Ich
habe mich nicht komplett in die Hände eines „Profis“ gegeben, sondern
mich zu jeder Zeit selber informiert und mir meine eigene Meinung
gebildet. Auch in diesem Zusammenhang war das wieder einmal Gold wert.
Ich habe mit verschiedenen erfahrenen Läufern gesprochen, mich
professionell coachen lassen und viel gelesen. Dadurch habe ich in
kurzer Zeit wieder einmal viel gelernt.
Aus verschiedenen Gründen war ich im Winter nicht zu genügendem
Lauftraining gekommen. Lediglich einen Lauf in der Woche mit maximal 10
Kilometern habe ich einrichten können. Das ist viel zu wenig und ich
kann es in dieser Form niemandem empfehlen. Beim Start in die 3-monatige
Vorbereitung sollte ein Läufer bereits eine ausreichende Ausdauer,
gestärkte Muskulatur, Sehnen und Bindegewebe besitzen, um die harten
Trainingsanforderungen zu meistern und Verletzungen zu vermeiden. Die
Rechnung bekam ich später.
Ich habe in den wenigen verbleibenden Wochen vor dem Beginn der
Trainingszeit das Tempo etwas angezogen und die Strecke leicht
erweitert. So bin ich als letzten Lauf vor Beginn des Trainingsplans
noch einen schnellen Halbmarathon gelaufen. Das sollte ausreichen.
Der Trainingsplan
Mein alter Freund Michael, Arzt und selber erfahrener Marathonläufer
hat mir einen Plan erstellt, der mir logisch erschien und mich in 12
Wochen vorbereiten sollte, den Marathon in 4 Stunden zu laufen. Zwar bin
ich kein Freund von Zielen solcher Art, da sie nur unnötigen Druck
aufbauen, ich sehe aber ein, dass es kaum eine Alternative gibt, wenn
man nach einem Plan trainieren will. Ich war also gespannt und wollte
versuchen, mich daran zu halten, da ich bisher keine Erfahrung mit
zielgerichtetem Lauftraining hatte.
Der Plan war einfach und schlüssig aufbereitet. Er bestand aus 4
Laufeinheiten in der Woche, bestehend aus einem Intervalltraining am
Dienstag, einen langsamen Lauf am Donnerstag, eine Einheit im
Wettkampftempo am Freitag und am Sonntag einen langen Lauf im ruhigen
Tempo. Die Strecken verlängerten sich von Woche zu Woche, beginnend mit
50 km und endend mit 80 km.
Die ersten Trainingseinheiten
Anfangs bestand meine größte Schwierigkeit darin, dass mir das Tempo
zu langsam war. Bis dahin war ich gewohnt, so schnell zu laufen, wie es
mir mein Körper erlaubte. Nun musste ich mich drosseln. Das umzusetzen
hat einige Zeit gedauert. Ich verstand jedoch irgendwann den Sinn darin,
denn die Häufigkeit der Trainingseinheiten war fordernd.
Ich musste mir neue Strecken erarbeiten. Meine 10 km Standardstrecke,
die ich durch Dopplung zu einer Halbmarathonstrecke umfunktionieren
konnte, reichte nicht mehr aus. Es musste mehr Abwechslung her und ich
musste mir Gedanken über zeitliche Effektivität machen. Hierzu plante
ich beispielsweise eine Strecke, die mich nach der Arbeit von Düsseldorf
am Rhein entlang nach Hause führte. Somit hatte ich eine Fahrtstrecke
gespart. Die Strecke plante ich so, dass ich jederzeit eine Kürzung zur
U-Bahn vornehmen konnte, da die Distanz zwischen 19 und 21 km lag.
Eine besonders schöne Strecke sollte mich zur 6-Seen-Platte in
Duisburg führen. Bei der Planung passierte mir jedoch ein Missgeschick.
Laut Trainingsplan sollten es 15 km werden. Die hatte ich in dem
Internettool auch geplant. Irgendetwas sagte mir jedoch, als ich am
Wolfssee ankam, dass die Distanzangabe des Routenplaners nicht stimmen
kann. Ich kürzte die Stecke vorsichtshalber ab, aber bis nach Hause
waren es dann trotzdem insgesamt 19 km. Die Einstellung des
Internetprogramms, die ich nachher rekonstruierte, stand standardmäßig
auf Meilen!
Die Barfußlauftechnik
Im Laufe des Trainings habe ich mich immer mehr auf die richtige Lauftechnik beim Barfußlaufen konzentrieren können. Ich habe festgestellt, dass es durch intensives
Training Gefühlssache wird. Sobald alle Teilbereiche stimmen, rastet es
ein und fühlt sich einfach rund an. Leider habe ich im späteren Verlauf
des Trainings nicht erkannt, dass ich bei höheren Geschwindigkeiten und
zunehmender Anstrengung wieder zu sehr in die alten Gewohnheiten
gefallen bin. Es war noch nicht genügend automatisiert für so lange
Strecken. Ich hätte mir mehr Zeit lassen sollen.
Unterhaltung
Wie das Laufen empfunden wird, ist sehr unterschiedlich. Ich liebe
es, dabei die Umgebung und die Menschen zu beobachten und die
Entwicklung in meinem Körper zu spüren. Anfangs noch voller Leistung und
Bewegungsdrang, später auch angestrengter und manchmal schmerzt es
auch.
Ich habe mehrmals versucht, während des Laufens, Musik zu hören. Habe
mir dafür extra einen mp3-Player und spezielle Ohrstecker gekauft. Ich
kann damit nichts anfangen. Ich verliere dadurch den Kontakt zu meiner
Umwelt, zu meinem Körper und das wichtigste, es geht der meditative
Aspekt des Laufens verloren. Für mich ist es eine Tätigkeit, die ich
bewusst im JETZT wahrnehmen möchte.
Was mir hingegen viel Spass macht, ist hin und wieder mit jemandem zu
laufen und mich dabei zu unterhalten. Das durfte ich bei den langen
Läufen, denn ich hatte nette Trainingspartner in Holger, Alex und David!
Das Aufbautraining
Bei Sonne, Regen, Sturmböen, Matsch und sogar durch Hagel ging es und
es härtete mich ab. Es machte viel Spass. Ich genieße es, die
heißtrainierten Füße in Pfützen oder im Schlamm abzukühlen. Für eine
Strecke über ca. 1 km haben Holger und ich einen Trailpfad gefunden, der
durch einen kleinen Wald über Wurzeln und Baumstämme hinweg führt und
häufig musste ich den Kopf einziehen, was mir nicht immer gelungen ist
(siehe Foto). Holger hatte einmal sogar einen ganzen Dornenbusch
zwischen seinen Beinen. Gut, dass der nicht brannte!
Aus dem Trainingstagebuch
… Es gab mal wieder ein Menge zu lachen, denn Holger hat mich
begleitet. Ich bin ihm sehr dankbar, denn ich weiß nicht, ob ich die
knappen 3 Stunden auf 27 km ohne ihn durchgehalten hätte. Der Freitag
lag mir doch sehr auf der Seele. Nachdem wir jedoch ein kleines
Gedankenspiel vollzogen hatten und uns vor Lachen kaum auf den Beinen
halten konnten, war ich wieder frohen Mutes. Da es sehr kalt war,
erzählte ich Holger, mir sei aufgefallen, dass ich bei diesen niedrigen
Temperaturen immer eine eiskalte linke Hand habe. Die Füße und die
rechte Hand seien warm. Nur die linke Hand ist kalt. Holger meinte, das
wäre vielleicht ein Zeichen für eine Halbseitenlähmung (Gelächter). Ich
sagte, das sei mir egal, ich laufe den Marathon trotzdem (Gelächter).
Darauf Holger: „Kann man bei einem Halbseitengelähmten eigentlich von
einem Marathon sprechen oder wäre das nicht immer automatisch ein
Halb-Marathon.“ Da hat es mir die Füße fast weggezogen. Die Läufer, die
uns entgegen kamen guckten ziemlich verstört.
Sonntag, 17.04.2016
Heute Morgen, früh aufgestanden und gut gestärkt mit einem
Fruchtsalat und Chia, habe ich mich allein auf den Weg gemacht. 25 km in
ruhigen 6:40 min/km hatte ich für heute geplant.
Es hatte geregnet, daher war es recht kühl, als ich gegen 9:00 Uhr
das Haus verließ und locker loslief. War schon ein bisschen komisch, so
lange Zeit vor der Brust zu haben, ohne Begleitung. Ich hatte mir eine
ähnliche Strecke wie die der letzten Woche herausgesucht. Also befand
ich mich nach ein paar Kilometern wieder im Waldgelände über Stöcke
springend, diesmal allerdings mit feuchtem Boden. Ich musste mich sehr
bemühen, über meinen Füßen das Gleichgewicht zu halten, damit ich nicht
rutsche. Meine Sandalen haben nämlich kein Profil mehr. Da ist
Lauftechnik und Konzentration angesagt. Bei dieser Fokussierung ist mir
nicht aufgefallen, dass ich schneller unterwegs war, als ich wollte. Ich
hatte mich so im Bereich 6:10 min/km eingependelt. So lief ich dann
weiter.
Die Natur und die Stärke des Körpers genießend hörte ich so bei km 17
plötzlich jemanden mit einer laut-krächzenden Stimme „Jaaaaaa –
Jaaaaaaa“ rufen. Ich hab mich natürlich direkt angesprochen gefühlt und
nach dem Schreier gesucht. Unter einer Baumreihe fiel mir auf, dass die
Stimme von oben kam. Ich denke, ein Rabe, jedenfalls ein schwarzer Vogel
feuerte mich an. Ich fiel in sein Fan-Geschrei ein und wir beide riefen
uns noch ein paar Sekunden abwechselnd unser „Jaaaaaaa – Jaaaaaaa“
hinterher.
Freitag, 22.04.2016
Diese Einheit war bisher gefühlt die schwierigste in der gesamten
Vorbereitung auf den Marathon. 18 km, davon 14 km in 5:40 min/km.
Eigentlich kein Hexenwerk, ABER…
Die ersten Kilometer liefen sehr gut, obwohl ich mich den ganzen Tag
nicht so fit gefühlt hatte. Morgens war ich mit laufender Nase und
Kratzen im Hals aufgewacht und meine Energie war nicht voll da. Ich
dachte mir jedoch: „Kannst ja sofort ins Bett fallen, wenn Du zuhause
ankommst.“ Also lief ich mich einen Kilometer locker ein und startete
dann die Wettkampfgeschwindigkeit. Auch auf die Autobahnbrücke rauf,
mehrere hundert Meter recht steilen Anstiegs bewältigte ich ganz gut.
Ich hinkte jedoch, wenn ich nicht die Geschwindigkeit kontrollierte,
immer 4-5 Sekunden hinten dran. Also habe ich mich ca. 8 km antreiben
müssen. Das hat ordentlich Energie gezogen.
Ich habe es aber geschafft, und bin die letzten 3 Kilometer locker
ausgelaufen. Dann schmerzten mir jedoch die Beine, sodass ich darauf
verzichtete, nach Hause zu laufen. Ich bin dann gemütlich gegangen.
Sonntag, 15.05.2016
Der heutige Lauf war aus mehreren Gründen sehr nett: Zum einen habe
ich nette und dann auch noch viel Begleitung gehabt. Wir waren zu viert
unterwegs. Ich hatte zwar das Tempo auf einen für mich langsamen Lauf
limitieren wollen, aber die drei anderen haben es dann doch dominiert.
Also waren wir fast 40 Sekunden pro Kilometer schneller als geplant
unterwegs. Interessant war für mich jedoch, dass ich trotz der vielen
Kilometer in dieser Woche, mit diesem Tempo gut zurechtkam. 50 km hatte
ich beim Start schon aus der laufenden Woche in den Beinen, das merkte
ich hin und wieder im Knie. Die gute Gesellschaft und die netten
Gespräche ließen uns jedoch schön locker durchlaufen. Nachdem wir uns
nach dem Bild unten trennten, wurde mir noch hinterhergerufen, dass der
Bremsklotz jetzt endlich weg sei. Wer solche Freunde hat, braucht keine
Feinde.
Heute hatte ich mir den Rucksack mit einem Liter gefüllt. Fast ein
Liter war nachher noch drin. Es war einfach nicht sehr warm heute. Da
ich am vergangenen Sonntag gegen Ende ziemlich schlapp war, habe ich mir
heute ein Chiagel vorbereitet: Chia aufgequollen in Wasser mit Saft
einer 1/2 Zitrone und einer halben Medjool-Dattel zerdrückt. Danach gut
mixen. Dieses Gel habe ich dann so bei Kilometer 25 gegessen. Schmeckte
sehr lecker und ich habe danach keinen Leistungsabfall gehabt. Ob es am
Gel oder an den angenehmen Temperaturen lag, kann ich nicht sagen. Ich
werde jedenfalls zum Marathon auch wieder ein wenig davon mitnehmen.
Angekommen bin ich nach 30 km in 3 Stunden und 1 Minute. Ich hatte
noch Reserven. Das merkte ich daran, dass mein schnellster Kilometer der
30. mit 5:44 war. Das Ziel von 4 Stunden im Marathon rückt also in
greifbare Nähe.
Das Krav Maga-Training habe ich ausgesetzt, nachdem ich merkte, dass
die Doppelbelastung das Lauftraining stört. Nach einem 5-stündigen
Seminar bei Ryan Hoover, einem gefragten MMA-Trainer, merkte ich die
Nackenhebel, Würgegriffe und die Drills fast zwei Wochen beim Laufen.
Was mir bezüglich des Nasswerdens beim Laufen aufgefallen ist: Die
gesamte Zeit des Laufens ist es kein bisschen unangenehm, trotz kalten
Windes. Sobald ich jedoch stehen bleibe, zieht die Kälte unangenehm in
den Körper und die Resistenz gegen diese Kälte sinkt. Jedoch
verschwindet das Gefühl sofort, sobald ich wieder loslaufe.
Materialermüdung
Nachdem ich festellen musste, dass eine Sandale am Zehensteg ein
Stück gerissen war und ich keinen Ersatz hatte, musste ich abends noch
schnell zu Emanuel in die Barefoot Academy, um für Ersatz zu sorgen. Ich
bin sehr froh, dass er so kurzfristig Zeit gefunden hat und mir den
Tipp gab, die Lunas weniger fest zu schnüren. Zum anderen bat er mich, doch an mein Zehenyoga zu denken.
Dadurch ist viel Zug auf das Material entstanden, wonach es nun
nachgegeben hat. In der Folge schnürte ich die Sandalen lockerer und das
schien auch die Füße zu entlasten.
Das Pendel schlug das erste Mal zurück
Ende April fing in einer kurzen Einheit mein rechtes Knie an zu
schmerzen. Der Zustand hielt an und ich konnte es einige Zeit nicht
schmerzfrei strecken. Die Sehnen des Quadrizeps, im Bereich der Patella
waren stark gereizt. Zudem brachte mich eine starke Erkältung zum ruhen.
Nach einer Woche strikter Pause konnte ich das Training wieder im Plan
fortführen.
Sonderthema: Wasserhaushalt
Da nicht nur das Barfußlaufen eine besondere Herangehensweise an den
Marathon darstellt, sondern auch meine Ernährungsweise häufig Fragen
aufwirft, möchte ich hier zu einem wichtigen Punkt für einen Läufer
etwas aus meiner Sicht beisteuern.
Zunächst einmal stelle ich fest, dass ich auch bei höheren
Temperaturen (bis 28/29 Grad), auch bei längeren Strecken nichts zu
trinken benötige. Woran ich das merke, werde ich oft gefragt. Ich habe
keinen Durst. Entgegen der weitläufigen Meinung, funktioniert der
menschliche Körper perfekt, wenn man ihn lässt und ihn natürlich
behandelt. Er gibt entsprechende Signale, wenn etwas nicht in Ordnung
ist und wenn er etwas benötigt. Somit sind der Durst, wie auch der
Hunger Signale, die zum richtigen Zeitpunkt kommen und nicht erst, wie
oftmals angenommen, wenn es bereits zu spät ist. Wir können sogar
durstig, ebenso wie hungrig, lange Zeit überleben, sogar überraschend
lange ohne Leistungsdefizit! Ein gesättigter Körper ist dazu natürlich
eher in der Lage, als ein dauerhaft ausgetrockneter bzw. ausgelaugter.
Nun ist es so, dass ein „normal“ lebender Läufer während des Laufens
natürlich auch Durst empfindet. Wo liegt also der Unterschied? Das
Durstgefühl stellt sich bei Flüssigkeitsdefizit ein. Zu diesem dürfen
wir es kommen lassen und dann, angepasst an das Verschwinden des
Durstes, die entsprechende Flüssigkeitsmenge zu uns nehmen. Mehr ist
nicht nötig, kann sogar zu Schäden bzw. Problemen führen.
Da ich nichts Gekochtes esse, meine tägliche Nahrung also weitgehend
in vollem Saft steht, nehme ich, ohne zu Trinken, eine große Menge
gebundene Flüssigkeit zu mir. Diese sättigt die Zellen und
Zellzwischenräume und steht mir lange und ausreichend zur Verfügung.
Vielen fällt auf, dass nach dem Trinken von viel Wasser, schnell ein
Entleerungsdruck einsetzt. Das Wasser kann also nicht in vollem Maße die
Stellen, an denen es benötigt wird, erreichen.
Nach dem Lauf nehme ich lieber wasserreiche Früchte (z.B. Orangen,
Melonen) zu mir, als Wasser. Die Enzyme, Vitalstoffe und die Süße sind
dann eine Wohltat. Manchmal ist mir allerdings auch nach Wasser zumute.
Ich lass mich dann gerne von meinem Appetit leiten.
Wenn es wärmer wird und ich während des Laufens stark schwitze, macht
sich der Durst früher bemerkbar. Zum Marathon, bei dem es sehr heiß
war, habe ich meinen Trinkrucksack mit 1,5 liter Flüssigkeit gefüllt
(eine Wasser-Gurken-Sellerie-Mischung). Durst bekam ich erst nach ca. 20
km. Allerdings habe ich bei diesem extremen Lauf den Schlauch bis zum
Ziel fast geleert gehabt.
Die Ernährung
Als ich mich, auf Wunsch von einigen Freunden, an diesen Blog setzte,
überlegte ich, was überhaupt von Interesse sein könnte. Also stellte
ich die beiden Themen, die bei mir auf jeden Fall etwas anders laufen
würden, in den Vordergrund. Somit nannte ich den Blog so, wie er nun
heißt. Zum Barfußlaufen habe ich bereits das ein oder andere
geschrieben.
Das Ernährungsthema habe ich im Zusammenhang mit dem Marathon nicht
beleuchten können, da sich im Grunde nichts verändert hatte. Tatsächlich
habe ich in den Trainingswochen nichts an meinen Gewohnheiten geändert,
keine Sonder-Marathon-Diät, Hi-Carb-Low-Fat oder was sonst alles
empfohlen wird. Keine Pülverchen, kein Eiweiß-Aufbau-Konzentrat, keine
künstliches Gels zum Lauf, kein Konsumterror im Sportmarkt.
Ich habe einfach gegessen, worauf ich Lust hatte: Gurken, Paprika,
Möhren, Brokkoli, Blumenkohl, Spitzkohl, Wildgrün, Ruccola, Feldsalat,
Tomaten, Avocados (davon gerne auch mal 2-3 Stück), Bananen, Äpfel,
Birnen, Mangos, Nüsse, Mandeln, Kokosnüsse, Trockenfrüchte usw.
Auch die Menge habe ich nicht merklich erhöht. Hier mal ein Beispiel, was ich an einem Tag gegessen habe:
Frühstück: 2 Portionen Obstsalat (Bananen, Äpfel, Birnen, Nektarinen) mit Mandelmilch
Bis zur Mittagspause: 1 Banane und 1 Pfirsich
Mittags: Chiapudding (3 EL Chia in Mandelmilch vom Frühstück eingeweicht) mit Obst vom Frühstück
Nachmittags: 2-3 Hände voll Erdnüsse
Abends: Salat (Ruccola, Gurke, Avocado, Tomate) mit Senf-Dressing. Danach noch einen lifebar-Riegel (Mandeln, Datteln, Kakao).
Ich finde es sehr spannend zu erkennen, dass selbst die Vorbereitung
auf einen Marathon für mich offenbar nicht so kräftezehrend ist, dass
ich meine Ernährung anpassen muss. Ich fühle mich, wie immer, seit ich
auf die Qualität meiner Nahrung achte, wohl genährt und mit Vitalstoffen
abgefüllt. Sicherlich liegt das zum einen an der hohen Dichte und der
Unversehrtheit der Vitalstoffe in der rohen Ernährung, aber sicherlich
auch daran, dass das Laufen zu den Grundfähigkeiten des Menschen gehört
und aufgrund unserer anatomischen Voraussetzungen keine große Steigerung
des Energieverbrauchs mit sich bringt. Wir sind als Läufer geboren,
dies hat uns unseren evolutionären Vorteil verschafft, daher muss diese
Tätigkeit leichter sein, als die meisten von uns heute denken.
Zumindest, wenn wir uns natürlich verhalten.
Fortführung des Aufbautrainings
Es waren vor allem die langen Distanzen, die es in sich hatten. Die
Beine waren durch das Training in der Woche und die vielen Wochen
Dauerbelastung müde und das Wetter wurde immer wärmer. Dennoch reichte
die Energie immer aus und die Trainingserfolge waren spürbar.
Das Pendel schlug das zweite Mal zurück
Die letzte sehr intensive Einheit vor dem Marathon lief auf den
ersten 12 Kilometern optimal. Ich merkte keine Anstrengung und lief im
Schnitt fast 10 Sekunden pro Kilometer schneller, als nötig. Dann machte
sich meine Hüfte bemerkbar und ich passte meine Geschwindigkeit an.
Nach 21 Kilometern, kurz vor dem Ziel, ging ich in lockeres Auslauftempo
über. Plötzlich schmerzte die Hüfte so stark, dass ich stehen blieb. Da
ich mich gerade auf einem Golfplatz befand und die Sonne warm schien,
legte ich mich kurzerhand aufs Semirough (Golfwiese, die nicht kurz
geschoren ist) und wartete, bis der Schmerz mich wieder verließ.
Die Verletzung war so stark, dass ich zur Sicherheit die weiteren
Trainingseinheiten ausfallen ließ. In der Folgewoche begann ohnehin das
Tapering (Reduktion des Trainingsumfangs vor dem Wettkampf). Wichtigstes
Ziel war es, am Tag des Marathons schmerzfrei an den Start zu gehen.
Das weitere Training hätte meine Leistung ohnehin vermutlich nicht mehr
gesteigert, ich wäre nur über die Grenzen meines Körpers gegangen.
Von Tag zu Tag wurde es immer etwas besser. Teilweise fühlte es sich
wie Muskelkater an, an anderen Tagen drückte der Schmerz den ganzen Tag
auch ohne Bewegung. Nach einiger Zeit versuchte ich es wieder mit kurzen
Läufen mit mäßigem Erfolg. Gesamtkörperlich fühlte ich mich topfit, nur
die Hüfte hinderte mich am Abrufen dieser Leistung. Am Meisten musste
ich mich also darum kümmern, dass ich mich nicht demotivieren lasse.
Nicht besser würde es dadurch, dass ich wusste, was ich falsch
gemacht habe. Die hohen Geschwindigkeiten und die starken
Herausforderungen der letzten Wochen ließen mich vergessen, auf die
richtige Lauftechnik zu achten.
Das Tal der Tränen
Der Schmerz wurde etwas besser, verließ mich jedoch nicht. Ich
trainierte somit vor dem Marathon drei Wochen so gut wie gar nicht.
Meine Gedanken vom Donnerstag vor dem Wettkampf sprechen für sich:
Meine Verletzung ist leider nicht ausgeheilt. Heute bin ich 3km
gelaufen. Selbst in dem lockeren Tempo schmerzte die Hüfte deutlich. Da
der schmerzende Muskel etwas mit der Stabilität beim Laufen zu tun hat,
kann ich ihn nicht entlasten.
Verantwortung übernehmen
Ich habe mir Gedanken gemacht: Ich will Spass beim Laufen haben. Nur
dafür laufe ich überhaupt. Ich hätte mir ohne Spass in den vergangenen
Wochen keine 600km erarbeitet. Wenn ich aber 42 km lang gegen Schmerzen
ankämpfen muss, kann ich mir diese Freude nicht vorstellen. Auf den
letzten Kilometern gehört ein bisschen Durchbeißen sicherlich dazu. Das
ist auch ok. Aber die gesamte Strecke lang gegen Schmerzen kämpfen?
Nein. Das ergibt für mich keinen Sinn.
Daher habe ich folgende Entscheidung getroffen: Aufgeben, ohne es
versucht zu haben, kommt für mich nicht in Frage. Ich werde am Sonntag
antreten und einfach drauf los laufen. Ich werde dann sehen, wie es
läuft. Wenn es schmerzt, gehe ich, bis es wieder in Ordnung ist und
laufe danach weiter. Sollte ich merken, dass es mir die Laune verdirbt,
breche ich das Rennen ab.
Der nächste Marathon kommt gewiss und dann werden die jetzt verletzen
Strukturen stärker und robuster sein, wenn ich es Sonntag nicht
übertreibe. Das einzige, womit ich meinen Frieden machen muss, ist mein
Ego und darin bin ich geübt.
In diesem Fall ist es auch gar nicht problematisch, da eine
Verletzung keinen fehlenden Einsatz, sondern eher falschen bezeugt. Wenn
ich mich nicht so durch diese letzte sehr fordernde Einheit gekämpft
hätte, sähe die Situation heute sicherlich anders aus. Somit habe ich
eine wertvolle Lektion aufgefrischt: Wenn Dir etwas Schmerzen bereitet,
lass es sein.
Die Entscheidung war gefallen, der Tag des Marathons kam.
Der Marathon – eine menschliche Grenzerfahrung
Ich beginne meinen Bericht über dieses Rennen mit der wichtigsten Erfahrung, die ich an diesem Tag gelernt habe:
Egal, wie hart Du trainiert hast, egal, wie gut Du vorbereitet, egal,
was für ein Athlet Du bist, es kommt immer nur darauf an, zu welcher
Leistung Du am heutigen Tag, unter den heutigen Umständen, in der Lage
bist. Diese Leistung sollst Du geben. Nicht mehr und nicht weniger.
Barfuß-Marathon – Die Vorbereitung am Morgen
Der Wecker klingelte um 6:00 Uhr. Der Morgen war damit gefüllt, die
Vorbereitungen zu treffen. Die Kleidung suchen, Trinkrucksack füllen,
Chiagel mixen, Rucksack packen. Ich hatte viel Glück, dass mich Pam
begleitet hat, denn sie hat an die Dinge gedacht, die ich vergessen
hatte. Beispielsweise stellte ich fest, dass ich mir die
organisatorischen Informationen zum Ablauf der Veranstaltung nicht
durchgelesen hatte. Dank Pams Unterstützung ist jedoch nichts passiert.
Meine größte Sorge galt noch immer meiner Verletzung. Ich war ein
wenig traurig, dass ich es vielleicht nicht ins Ziel schaffen würde.
Aber meine Entscheidung stand fest und davon würde ich nicht abweichen.
Zulasten meiner Gesundheit würde ich heute keinem Einzelereignis mehr
den Vorrang geben.
Nachdem wir Holger in Großenbaum aufgelesen hatten, ging es zum
Wedaustadion. Dort wurden die Startunterlagen abgeholt und dann trafen
wir uns mit den anderen am Start.
Barfuß-Marathon – Der Start
Gegen 9:30 Uhr fiel für 945 LäuferInnen der Startschuss für den Marathon. Es ging los auf die lange Reise durch Duisburg.
PLATZHALTER KARTE MARATHON
Ich lief etwas verhalten los, um am Anfang nicht durch eine zu hohe
Geschwindigkeit Schmerzen zu verursachen. Das dumpfe Gefühl in meiner
Hüfte versetzte mich in eine Art Dauer-Alarm-Stellung. Ich lauerte auf
jedes Gefühl, das von dort kam. Zur Vorbereitung hatte ich mir ein
Mantra / eine Affirmation auf einen Zettel geschrieben, das ich immer
benutzte, wenn ich es brauchte. Und ich habe es oft gebraucht! Immer,
wenn es sich unangenehm anfühlte, dachte ich mich in mein Mantra und das
Gefühl verschwand. Ich war erstaunt, dass ich zeitlich gut unterwegs
war. Ich lief die ersten 5 km in meinem trainierten Tempo 5:40 Min/km.
Danach reduzierte ich das Tempo leicht auf 5:50, da mich immernoch die
Sorge um meine Hüfte beschäftige.
Barfuß-Marathon – Die Gespräche
Eine große Hilfe waren die netten Gesprächspartner. In den Gesprächen merkte ich kein Unwohlsein.
Ich war so ins Laufen vertieft, dass ich mir nicht einen Namen
gemerkt habe, von den vielen tollen Menschen, mit denen ich Kontakt
hatte. Hier ein paar meiner BegleiterInnen:
Immer wieder begleitete mich ein sehr offener Läufer aus
Schleswig-Holstein. Er hatte seinen Marathon von Mönchengladbach auf
Duisburg umgebucht, da er wegen eines Unwetters abgesagt wurde. Er hatte
den ganzen Lauf über eine Kamera in der Hand und fotografierte was das
Zeug hielt. Vor allem hat er Zuschauer fotografiert und sie angefeuert.
Das hat für viel Spass bei allen Beteiligten gesorgt, denn diese
Richtung war eher ungewöhnlich.
Dann unterhielt ich mich lange mit einem äußerst sympathischen Veganer aus Leichlingen, der für Laufen gegen Leiden lief. Ein schwarzes Shirt hatte er an, bei dem Wetter! Ein Held für mich. Natürlich nicht nur wegen der Shirtfarbe.
Sehr nett waren auch zwei „Raketen“ aus Essen-Borbeck, mit denen ich
mich während des Laufens zum Laufen verabredet habe und eine Läuferin
mit slawischem Akzent, die mit ihrem Partner für eine Organisation lief,
die AIDS-Waisen unterstützt.
Ich würde mich freuen, sie alle noch einmal wiederzutreffen. Vielleicht habe ich ja Glück und es schreibt mir jemand eine Mail.
Darüber hinaus sprachen mich einige natürlich auf meine Füße an. Auch
das waren alles sehr nette Gespräche. Es war wenig Verstörung, eher
großes Interesse zu hören.
Barfuß-Marathon – Die Mitte
So liefen die ersten 19 Kilometer wie am Schnürchen. Die Brücke
zwischen Kilometer 18 und 19 mit einer langen Steigung habe ich
allerdings zu schnell genommen. Die Quittung bekam ich kurz danach. Auf
den zwei Kilometern bis zur Halbmarathondistanz habe ich zum ersten Mal
ungewollt Tempo verloren. Die Uhr zeigte mir nach der Hälfte der Strecke
2 Std. und 05 Min. an. Das war unter den Umständen eine gute
Zwischenzeit. Ab da änderte ich jedoch vieles.
Auf der positiven Seite verschwand das unangenehme Gefühl in meiner
Hüfte komplett, sodass ich ab sofort nicht mehr daran denken musste.
Allerdings hat mich die Angst und die Lauerstellung der ersten Hälfte
offenbar viel Energie gekostet, sodass ich mich von der zwischenzeitlich
aufflammenden Chance auf eine gute Zielzeit wieder verabschiedete und
im Kopf wieder auf das Ziel „Ankommen“ umschaltete. Zwischen Kilometer
25 und 26, als ich die Brücke der Solidarität vor mir sah, die in der
Mittagssonne wie eine überdimensionierte Fata Morgana wirkte, fragte ich
mich, wie ich weitere 17 Kilometer durchhalten sollte.
Barfuß-Marathon – Die Macht des Willens
Am Schild des 32. Kilometers war ich soweit, dass ich mich fragte,
wie ich die restlichen 10 Kilometer überhaupt überleben sollte.
Ich dachte an Situationen in meinem Leben, die nicht durch Kraft,
sondern ausschließlich durch einen starken Willen und Vertrauen
durchgestanden werden konnten. Da ich keinen Schmerz verspürte, trieb
mich mein fester Wille dem Ziel entgegen. Das erinnert mich an Worte von
Mahatma Gandhi:
„Stärke wächst nicht aus körperlicher Kraft – vielmehr aus einem unbeugsamen Willen.“
Unnachgiebig brannte nun der Lorenz auf meinen Schädel. Mein
Trinkschlauch wurde verdächtig leicht und die Beine brannten, wie bei
einem Kneippbad in Lava. Auf den letzten Kilometern wechselte ich ein
paar Mal ins Gehen, zweimal auch wegen des Anflugs eines Krampfes.
Dadurch, dass ich nicht weiter lief, verschwand dieser jedoch sofort
wieder. Ich nutze diese Gehpausen zum ausgiebigen Trinken und Essen
meines selbstgemachten Chiagels.
Barfuß-Marathon – Die letzten Meter
Bei einer Gehpause an der Versorgungsstation Kilometer 40 unterhielt
ich mich mit einem sehr athletischen Läufer. Er erzählte mir, er sei mit
dem Ziel angetreten, in 3 Std. 15 Min. im Ziel zu sein. Der Arme hing
zu dem Zeitpunkt also ca. 1 Std. und 20 Min. seinem Ziel hinterher. So
einen desaströsen Lauf habe er noch nie erlebt. Er zermarterte sich auf
der Suche nach den Gründen den Kopf. Ich wünsche ihm, dass er einen Weg
findet, diese Erfahrung als Lerneinheit zu verbuchen und hoffe, ihn mal
in voller Leistung zu sehen.
Als ich das Stadion sah, war ich sehr glücklich und konnte noch
einmal letzte Reserven aktivieren, um die Stadionrunde erhobenen Hauptes
und mit Freude zu absolvieren. Nach 4 Stunden, 32 Minuten und 30
Sekunden habe ich sogar noch die Arme in die Luft reißen und mich
glücklich und völlig kraftlos über die Ziellinie wuchten können.
Barfuß-Marathon – Im Ziel angekommen
Im Ziel angekommen, ließ ich mich auf den Rasen fallen und meinen
Gefühlen freien Lauf. Erst, als mich zwei Helfer fragten, ob mit mir
alles in Ordnung sei, setzte ich mich auf und verließ das Stadion um
mich massieren zu lassen. Was für eine Wohltat. Eine noch größere war es
allerdings, danach von Pam in den Arm genommen zu werden.
Danach war ich wieder im verrückten Leben angekommen. Es gab im Ziel
tatsächlich keine Getränkestelle, an der es einfaches Wasser gab.
Kohlensäurehaltiges war das einzige. Ansonsten Cola, Iso- und andere
Zucker- oder Chemiegetränke und, ich kann es noch immer nicht glauben:
Bier! An Früchte, außer vielleicht Bananen, war auch nicht zu denken.
Bevor es nach Hause ging, unterhielt ich mich noch mit den anderen
Läufern und tauschte kurz die Erfahrungen aus. Es hatten alle, ohne
Ausnahme, mit dem Wetter zu kämpfen. Nur Holger hatte es geschafft,
seine Erstmarathon-Zielzeit mit 3:59 zu erreichen. Ich freue mich sehr
für ihn.
Barfuß-Marathon – Unterstützung durch Anwohner und Helfer
Es war natürlich nicht so, dass wir durchs Death Valley gelaufen sind
und die Sonne uns ausgetrocknet hat. Es gab jede Menge
Erfrischungsstationen. Sei es Wasser in Bechern, Schwämme in Wasser
getränkt oder auch kalte Duschen. Ja, es gab tatsächlich einige ganz
tolle Menschen, die ihre Gartenduschen auf die Straße stellten, um uns
eine Abkühlung zu ermöglichen. Einige spritzten mit Gartenschläuchen das
ersehnte Lebensfluidum auch einfach in unsere Gesichter. Das ist
Duisburg! Ich weiß nicht, wie es ohne diese Unterstützung gelaufen wäre.
Eine weitere Welle, die uns getragen hat, waren die Samba-Gruppen,
die mit ihren Trommeln am Straßenrand standen und uns stundenlang,
unaufhörlich ihren Rhythmus mit auf den Weg gaben. Dann gab es DJs, die
laute Musik auflegten. Da war teilweise sogar wirklich Gutes dabei. Für
mich war das jedoch nicht so wichtig. Die eine Musik zog mich an, die
andere trieb mich weg.
Die größte Unterstützung gab es allerdings durch die Menschen, die
nicht müde wurden, uns Anfeuerungen zuzurufen. „Macht weiter, ihr seht
gut aus!“ „Ihr seid super!“ und so weiter… Über ein Schild musste ich
sehr lachen. Da stand so etwas wie „Ab morgen gibt es wieder Bier, Fast
Food und Sex.“ Viele Kinder standen am Straßenrand, die Spass am
Abklatschen hatten, in Hochfeld sogar auf ihren Rollern und Rädern
mitten auf der Strecke. Da musste ich schon mal ausweichen um eine
Kollision zu vermeiden.
Es gab sehr viele organisierte Stellen, an denen wir mit Getränken
und Bananen versorgt wurden, aber auch Privatpersonen errichteten ihre
eigenen Versorgungsstationen. Eine Familie fiel mir besonders auf, die
einen riesigen Berg Bananen aufschnitten und ihre Kinder diese an uns
Läufer verteilen ließen. Mir erzählte sogar jemand, er habe beobachtet,
dass ein Läufer von einem grillenden Zuschauer ein Bier bekam.
Alles in allem eine großartig herzliche Geste der Duisburger. Ich bin
dafür sehr dankbar. Mir zeigt es mal wieder, wie wichtig Solidarität
ist. Für mich sind sie alle an meinem Erfolg beteiligt. Daran werde ich
mich erinnern, wenn ich das nächste Mal die Chance habe, jemanden
anzufeuern.
Fazit
„Der Schmerz geht, der Stolz bleibt.“
Was am nächsten Tag geblieben ist, sind einige leichte
Sonnenreizungen, Muskelschmerzen, ein paar Gelenke die sich nach Ruhe
sehnen, aber auf der wichtigen Seite ein großes Paket, dass ich meinem
Erfahrungsschatz hinzufügen durfte.
Ein letztes Zitat habe ich gefunden, dass ich genauso selbst hätte sagen können:
„Das Wunder ist nicht, dass ich ins Ziel gekommen bin. Das Wunder ist, dass ich den Mut hatte, loszulaufen.“ (John Bingham)
Ich bin sehr froh, dass ich diesen Mut aufgebracht habe und mich
meine Unterstützer, in der Hauptsache Michael, Marcel und Pam darin
bestärkt haben, an den Start zu gehen. All den anderen Begleitern auf
diesem Weg, die mich mit großen und kleinen Hilfestellungen unterstützt
haben, danke ich ebenfalls. Es sind dies: Emanuel, Marion, Alex B.,
Holger, David, Alessa, Carlotta, Verena, Alex K. und alle, die ich
gerade nicht namentlich genannt habe, die aber das absolut richtige
Gefühl haben, mich unterstützt zu haben. Dankbar bin ich auch
denjenigen, die meinen Willen durchzuhalten durch anderes Verhalten
gestärkt haben. Ich durfte in den Monaten viel lernen.
Zum Abschluss möchte ich betonen, dass zu dem, was ich hier geleistet
habe, jeder in der Lage ist, der ein paar wenige Grundvoraussetzungen
besitzt. Die Wichtigste ist der Wille bzw. die Entscheidung, dies in die
Tat umzusetzen. Es muss natürlich nicht in genau meiner Weise
durchgeführt werden, es gibt viele Wege dahin. In den folgenden Monaten
habe ich mich intensiver mit dem Barfußlaufen beschäftigt und an meiner
Technik gearbeitet. Ich will schließlich verletzungsfrei laufen, so wie
es von der Natur vorgesehen ist.
Mein Wissen habe ich inzwischen professionalisiert und biete es in Coachings und Seminaren an. Fühl dich eingeladen. Reinzuschnuppern lohnt sich auch, wenn Du aussließlich Deine Strukturen stärken willst.